Selbst wenn wir annehmen, dass A.K. tatsächlich psychisch erkrankt ist (wovon ich hier einfach mal ausgehe):
Es ist nun mal so, dass psychische Krankheiten in der Gesellschaft (auch heute noch, wo sie immerhin häufig im öffentlichen Fokus stehen und nicht mehr einfach ignoriert werden) stigmatisiert sind. Ich hab mich ein bisschen mit dem Thema befasst (v.a. durch eine langjährige Bekannte, die selbst betroffen ist und sich auf diesem Gebiet auch aktivistisch engagiert; ein biiiisschen auch durch eigene Erfahrungen) und weiß daher, dass es für Betroffene nicht so einfach ist, sich zu "outen", wie man sich das als Außenstehender viellicht vorstellt. Und wenn man als derart Betroffener in der Öffentlichkeit steht, so wie es Kümmert tut, ist das sicher noch einmal eine ganze Spur heftiger. Für ihn ginge es mutmaßlicherweise um den wichtigsten Inhalt seines Lebens, sowohl ideell (er wiiiilll auf der Bühne stehen, er will singen, die Musik ist sein Leben), als auch möglicherweise ganz trivial um seine berufliche Zukunft (ich weiß gar nicht, ob er neben der Musik noch irgendeinen 'bürgerlichen' Beruf gelernt hat, Wikipedia schweigt sich dazu leider komplett aus; ihm bliebe also womöglich ohne die Bühne nur übrig, Songs für andere Künstler zu schreiben oder aber mit fast 30 noch mal ganz neu anzufangen). Ich weiß auch nicht, ob er sich im Falle einer psychischen Krankheit überhaupt dieser bewusst wäre oder sie erfolgreich verdrängt ..... vielleicht wäre das ja der Grund für die immer wieder geplatzten Auftritte, also der ihm immer wieder jäh bewusst werdende Unterschied zwischen Wollen und Können? Also erst ein 'ach das wird schon, das ist doch nix weiter' und dann doch wieder im letzten Moment die Flucht?
So oder so wäre es auf jeden Fall ein ziemlich einschneidender Schnitt, für den es in der deutschen Pop- und Rockmusik wenige Beispiele gibt. Einer, der es geschafft hat, ist der Sänger der Band Jupiter Jones, der letztes Jahr die Band verlassen hat, als er bemerkt hat, seine Angststörungen nicht mehr im Griff zu haben, und das auch offen so kommuniziert hat – obwohl die Band erst ein paar Monate zuvor ein neues Album herausgebracht hatte und nur wenige Tage vor einem Tourauftakt stand. Dies ist ein Schritt, für den ich den allergrößten nur denkbaren Respekt hege (sowohl für die Entscheidung an sich als auch für deren öffentliche Kommunizierung). Dennoch ist dies auf keinen Fall eine Selbstverständlichkeit, die man auch von anderen Betroffenen erwarten oder gar fordern sollte. Ihn von außen noch unter Druck setzen, hilft einem Betroffenen am wenigsten. Er muss selbst zu der Einsicht gelangen, was ihm wirklich hilft und was die richtige Entscheidung für ihn ist. Ich hoffe für Andreas Kümmert inständig, dass ihm das gelingt.