Jetzt mal völlig unabhängig von Lena:
Ich werde müde zu betonen, dass ich Merkel nie gewählt habe, auch heute nicht. Aber diese Vereinfachung "Ist an allem ursächlich Schuld!" ist so entsetzlich PLATT. Die zwei Säulen des AfD-Erfolges sind der Euro (genauer: dessen Krise, die, stark verkürzt, eine Frage nach "Umverteilung" aufwirft) und die Flüchtlingsthematik. Man kann Merkel ja vorwerfen, bei der Bewältigung beider Krisen Fehler begangen zu haben. Dennoch ist Merkel zum großen Satan zu erklären eine Abarbeitung an Symptomen. Sie hatte im Herbst 2015 die Flüchtlinge nicht bestellt. Sicher, hätte sie damals an der Grenze Wasserwerfer und Tränengas angeordnet, wäre die AfD politisch gef* worden. Ich weiß jedoch nicht, gelinde ausgedrückt, ob ich solche Tränengasbilder jemals hätte sehen wollen. Noch einmal: Ich sage nicht, dass es keine Fehler gab. So kann man durchaus die Annahme teilen, dass im Herbst 2015 die Kommunikation mit den europäischen Partnern verunglückte, aber hier sind wir auch schon auf der Ebene der Symptome angelangt.
Was den Euro betrifft: Selbst, wenn man die These vertritt, dass die Konstruktion des Euro fehlerhaft und stark verbesserungsbedürftig ist (ich meine also nicht seine Existenz per se), und selbst, wenn man weiter die These vertritt, dass Deutschland maßgeblich am Entwurf eines "mangelhaften" Euro-Systems beteiligt war (ein Umstand, der von rechten Euro-Kritikern oft gerne verschwiegen wird): Das alles war vor Merkels Zeit. Sie hat die Resultate geerbt. Und die Finanzkrise ab 2008 hat sie auch nicht bestellt. Noch einmal zum Zweiten: Ich sage nicht, dass es keine Fehler gibt. So kann man durchaus die Annahme teilen, dass Schäubles Euro-Management europäisch betrachtet kontraproduktiv ist (
Macron sehnt sich "weniger Schäuble" herbei) – aber auch hier sind wir schon auf der Ebene der Symptome angelangt.
Also, ohne hier irgendjemanden zur Lichtgestalt verklären zu wollen: Einfach mal kurz nachdenken und die Schnappatmung ein Fitzelchen herunterfahren
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