Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Die Währungen im Pop
Tiny Tim
20.07.2020, 16:50
Man es drehen oder wenden wie man will: im showbiz ist Attraktivität eine extrem harte Währung - allerdings nicht die die einzige. !!
Welche Währungen gibt es eigentlich im Pop?
Verkaufserfolg - klar, cash is king, andererseits weckt er Erwartungen, die einengen und zu Enttäuschungen führen können, und ist außerdem sehr unbeständig.
Attraktivität - das Auge genießt mit, aber die Naserümpfer sitzen schon hinter der nächsten Hecke und wittern Musikfremdes.
Aufmerksamkeit - Wer im Keller sitzt, wird nicht wahrgenommen, aber man will natürlich auch nicht so gerne für Trash gehalten werden.
Massentauglichkeit - Wer vielen gefällt, hat mehr Erfolg, gilt aber auch leicht als beliebig.
Fanbasis - Ein starker Sockel gibt Sicherheit, kann aber auch von Gruppencodes abhängig machen.
Bekanntheitsgrad - Wer weithin bekannt ist, verkauft mehr und bekommt mehr Aufmerksamkeit, gerät aber auch immer wieder in die Schusslinie von Neidern und Kritikern.
Kritikerlob - Kritikerlieblinge haben einen guten Stand in den Medien, aber ein Zusammenhang mit Verkaufserfolg ist mir bislang noch nicht aufgefallen.
Beliebtheit - gibt ein gutes Gefühl und ist erfolgsträchtig, kann aber abhängig machen und ist äußerst unbeständig.
street credibility - sorgt für Respekt, fordert aber auch immer wieder unrealistische Beiträge vom Künstler für die Community. Wer dann nicht liefert, wird brutal abgestraft.
Was fällt euch sonst noch ein?
Alleinstellungsmerkmale - wie z.B. Lenas Stimme und Art zu singen. Oder am Anfang ihrer Karriere, Ihr Tanzstil und Ihr spezieller Englischer Gesang.
Storytelling - wie z.B. die Entstehungsgeschichte von Alben, bei Lena herausragend bei OLL.
earplane
20.07.2020, 17:21
Tanzbar?
Radio-tauglich?
TV-tauglich?
Live/Festival-tauglich?
Spaßfaktor?
Unterhaltungswert?
Kult-Faktor?
Ästhetik?
Stil?
philosophisch/politisch/gesellschaftlich/persönlich relevante Aussagen?
Zeitgeist?
Lebensgefühl?
Alleinstellungsmerkmale - wie z.B. Lenas Stimme und Art zu singen. Oder am Anfang ihrer Karriere, Ihr Tanzstil und Ihr spezieller Englischer Gesang.
Storytelling - wie z.B. die Entstehungsgeschichte von Alben, bei Lena herausragend bei OLL.
Kann jemand die Abstimmung erweitern?
esiststeffen
20.07.2020, 17:39
Kann jemand die Abstimmung erweitern?
Ist erledigt. Die beiden Punkte finde ich übrigens auch sehr gut! :daumen:
(Mehr von mir vielleicht später noch.)
gauloises
20.07.2020, 17:40
Ausdruck (beim Singen, Studio und live)
Interpretationsgabe (beim Singen und Performen, besonders live)
angeborener musikalischer Instinkt beim Songwriting (ob mit oder ohne Hilfe, das ist völlig egal)
die oben genannten beispiele kann man alle ankreuzen
dazu kommt dann noch noch
Glück bzw zur richtiger Zeit am richtigen Ort zu sein
Beziehungen
Tina Turner zb hätte ohne David Bowies kleiner Hilfe eventuell keinen Plattenvertrag bekommen
Brummell
20.07.2020, 22:37
In Verbindung mit den "harten Währungen" gewinnen m.E. auch gewisse Tugenden und Eigenschaften an Bedeutung.
Ausdauer, Zuverlässigkeit und zumindest relative psychische Stabilität.
Bodenhaftung, Reflektion und - wenn notwendig - die Fähigkeit sich neu zu (er)finden.
Haltung, Selbstbewußtsein, Intuition, und ein größeres Quentchen Intelligenz und Mut.
Eulenspiegel
20.07.2020, 23:17
Im Moment zählt vor allem Präsenz, Followerschaft in den sozialen Medien...es werden riesige Einnahmen generiert, dann leistet man sich gute Produzenten etc.
jüngstes Beispiel
die D‘Amelio Schwestern...Teen Töchter eines US Politikers...
ein weiters Beispiel ist
Tate McRae
https://en.wikipedia.org/wiki/Tate_McRae
Im Moment noch auf kleinerem Level z.B.
Abigail Barlow (siehe Emily Bear Thread)
mittlerweile über 1,2 Millionen Follower auf tiktok...innerhalb drei Wochen über 300.000 Follower mehr, alles imnerhalb eines Jahres...ohne auf einer Spotify Liste nach zwei Wochen schon über 250.000 Streams auf Spotify von
Jet Black Hearts
https://youtu.be/tUMjTvdVUxo
Zahl der Followers ist die einzige relevante Währung im Moment..wäre Kayne West nicht so dumm, hätte er wahrscheinlich Chancen im US Wahlkampf.
Taylor Swift zerstörte mit einem Tweet die gegnerische Partei, setze ihre Interessen durch.
Ariana Grande könnte im Moment die Klospülung veröffentlichen, sie wäre auf #1
A
innerhalb eines Jahres schuf sich Charli über 72 Millionen Follower auf tiktok, und im Schlepptau ihre Schwester Dixie über 30 Millionen
Dann braucht man auch kein besonderes Talent mehr, Austrahlung...nach zwei Wochen über
48 Millionen Clicks auf youtube
https://www.youtube.com/watch?v=wKOptbo-QFw
Ein anderes Beispiel ist Kenzie Ziegler...mit Hilfe von Sia, einer Art Patentante ihre Schwester Maddie
https://www.youtube.com/watch?v=DYP_gDPzNnU
earplane
21.07.2020, 09:06
vielleicht hilft ja der Artikel über den ersten und vielleicht größten Pop-Star der Geschichte
"ein Wunder, das nicht weiter zu erklären ist"
https://www.stern.de/kultur/musik/mozart-the-first-king-of-pop-3498152.html
Da wird auch die Währung genannt in der im Kapitalismus alles, auch der Wert von Pop gemessen wird.
Heute besitzt Mozart einer Studie der "Österreich Werbung" zufolge einen Marktwert von 5,4 Milliarden Euro - ein Superbrand, der noch vor L'Oréal, Volkswagen und MTV rangiert. Mozart ist der erfolgreichste Marketingname Österreichs.
Keine Ahnung was der Künstler selbst zu dieser Berechnung gesagt hätte. Vielleicht ja: "Gib her, ich geb's aus!"?
https://www.youtube.com/watch?v=cVikZ8Oe_XA
Peter M. aus V.
21.07.2020, 13:01
Bei den so vielen unterschiedlichen Dingen, die hier genannt sind, weiß ich nicht so redcht, was eigentlich mit dem Begriff "Währung" im Pop gemeint ist. Eine Währung sit zunächste ein Zahlungsmittel, etwas, das ich eintausche, um etwas anderes dafür zu bekommen. Ist hier gemeint, was ein Popstar geben muss, damit er Ruhm erlangt (und Geld verdient)? Dann wäre auch zu fragen, was davon wirklich von der Person und aus der Persönlichkeit des Stars kommt und was von außen/ von anderen dazugegeben wird und welchen Kurswert die jeweilige Währung hat. Und was ist es genau, was ich als Zahlungsempfänger davon habe?
Da muss ich noch ein bisschen drüber nachdenken.
Eulenspiegel
21.07.2020, 13:27
@earplane
wahrscheinlich das :)
„scheiß ins Bett daß’ kracht;
gute Nacht, schlaf fei g’sund
und reck’ den Arsch zum Mund.“ Mozart
@Peter M. aus V.
Pop Musik ist immer mehr kurzzeitiger Konsum...der Anteil von Musikern/Songs mit langlebiger Wirkung nimmt immer mehr ab. Eine Woche Top 10...ein paar Wochen später vergessen
Und ja Währung bedeutet heutzutage, wie erlange ich Aufmerksamkeit, rage aus der Masse heraus. In den USA, in LA setzt man wohl immer noch hauptsächlich auf Networking
https://i.ibb.co/8DhTyN1/EBE369-AB-84-B7-47-EB-93-AF-F0-D120-E2-A6-BD.png
Das Problem scheint für mich nur, dass die Chefs der ganzen Labels, Agencies, Managements, ASCAP, BMI in Zeiten groß geworden sind...wo das Internet/ Social Medias noch keine Rolle spielten....alles lief über Connections und Fernsehauftritte....wenn niemand auf dich zukam keine Chance, heute tauschen sich die Rollen.
Selbst Steven Spielberg besetzt Maddie Ziegler...wahrscheinlich darf sie mal kurz in der West Side Story in einer Nebenrolle durch das Bild hüpfen...garantiert mehr Zuschauer. Die Familie hat systematisch die Karriere über youtube und Soziale Medien aufgebaut.
Vielleicht sollte der NDR für den nächsten ESC irgendeine in Europa sehr bekannte Influencerin nutzen.Sie muss nur halbwegs den Ton treffen und die üblichen TikTok/INSTA Tanzbewegungen...
@Peter
Geht mir ganz ähnlich. Währung für was eigentlich? Erfolg? Beliebtheit? Ansehen? Werden ja alle schon als eigene Währungen für sich genannt.
@Eulenspiegel
Die Wichtigkeit von Followerzahlen würde ich aber auch nicht überschätzen. Sicherlich sind sie ein guter Indikator für die Beliebtheit, aber das sie halt auch nicht automatisch Erfolg generieren sieht man aktuell an Justin Bieber und Katy Perry.
Justin Bieber hat über 140 Millionen Follower auf Instagram, sein Album dieses Jahr ist trotzdem ziemlich gefloppt. Und für Katy Perrys Vorabsingles für ihr kommendes Album interessiert sich kaum jemand, sie hat auch über 100 Millionen Follower.
Eulenspiegel
21.07.2020, 14:26
@Peter
Geht mir ganz ähnlich. Währung für was eigentlich? Erfolg? Beliebtheit? Ansehen? Werden ja alle schon als eigene Währungen für sich genannt.
@Eulenspiegel
Die Wichtigkeit von Followerzahlen würde ich aber auch nicht überschätzen. Sicherlich sind sie ein guter Indikator für die Beliebtheit, aber das sie halt auch nicht automatisch Erfolg generieren sieht man aktuell an Justin Bieber und Katy Perry.
Justin Bieber hat über 140 Millionen Follower auf Instagram, sein Album dieses Jahr ist trotzdem ziemlich gefloppt. Und für Katy Perrys Vorabsingles für ihr kommendes Album interessiert sich kaum jemand, sie hat auch über 100 Millionen Follower.
Natürlich ist das einem stetigen Wandel unterworfen und besonders bei vielen
„älteren“ Accounts gibt es bestimmt einen großen Anteil von Followerleichen und Fake Followern ..Kids/Teens die Justin Bieber vor 10 Jahren ..aber jetzt...
Und Justin Bieber verdient im Moment mehr Geld mit anderen Dingen ...
Followerzahl ist die einzig harte Währung heutzutage...sie garantiert nicht unbedingt Erfolg aber ohne geht nichts...
Das ist natürlich anders bei etablierten Künstlern, Legenden..die brauchen das nicht.
earplane
21.07.2020, 14:39
wirft natürlich die Frage auf
"Wann ist ein Künstler etabliert und was sind die Kriterien?" :hmm:
Brummell
21.07.2020, 14:39
Natürlich ist das einem stetigen Wandel unterworfen und besonders bei vielen
„älteren“ Accounts gibt es bestimmt einen großen Anteil von Followerleichen und Fake Followern ..Kids/Teens die Justin Bieber vor 10 Jahren ..aber jetzt...
Und Justin Bieber verdient im Moment mehr Geld mit anderen Dingen ...
Followerzahl ist die einzig harte Währung heutzutage...sie garantiert nicht unbedingt Erfolg aber ohne geht nichts...
Das ist natürlich anders bei etablierten Künstlern, Legenden..die brauchen das nicht.
Konkret:
Wenn Lena noch gut 10 Jahre erfolgreich durchhält, hat sie auch die Metamorphose zur Legende vollzogen und braucht sich um ihre Followerzahlen keine Gedanken mehr zu machen. :D
Eulenspiegel
21.07.2020, 14:42
Ich dachte da eher an Musiker der Kategorie Rolling Stones, John Williams, Hans Zimmer, Elton John etc.
earplane
21.07.2020, 14:51
Für Lena gelten die normalen Maßstäbe nicht. Spätestens seit dem legendären Sieg beim ESC.
Sie hat damals Millionen Menschen einen unvergesslichen Glücksmoment beschert.
Menschen vergessen schnell. In manch anderen Ländern hätte das vielleicht für einen gewissen Status auf Dauer ausgereicht, aber nicht in Deutschland. Hier benötigt man regelmäßigen Erfolg.
Peter M. aus V.
21.07.2020, 15:30
Followerzahlen sind so ein Ding, das man nicht richtig einordnen kann. Der Star bezahlt mit Followerzahlen diejenigen, die seine Karriere beffördern können oder ihm andere Wege öffnen (Musik --> Film z.B.). Davon habe ich als Fan aber nichts, jdenfalls unmittelbar. Okay, vielleciht kann ich den Künstler / die Künstlerin länger genießen als ohne den Follower- Effekt, aber das wars schon. Also eine Währung innerhalb des Systems.
Beziehungen spielen meiner Meinung nach auch in Zeiten "sozialer" Medien immer noc eine große Rolle; auch unbahängige Musiker sind in der Regel gut vernetzt und stüzten sich oft gegenseitig. Das ist viel wert.
https://www.youtube.com/watch?v=Rv_pe39MSuo
Kapitalismus pur! Einfach schrecklich. Die Fans erinnern mich etwas an Rap-Fans, die die Charts ähnlich manipulieren.
Aber wie weit sind auch westliche Künstler unter Druck und / oder werden ausgebeutet? Oder ist das Vergangenheit?
earplane
23.07.2020, 09:26
Kapitalismus pur! Einfach schrecklich. Die Fans erinnern mich etwas an Rap-Fans, die die Charts ähnlich manipulieren.
Aber wie weit sind auch westliche Künstler unter Druck und / oder werden ausgebeutet? Oder ist das Vergangenheit?
Schlimmer, das ist Planwirtschaft. Genau wie in Russland/Osteurope TänzerInnen, Models, TurnerInnen, zum Erfolg gequält wurden. Die Verträge für Casting-Stars hierzulande sind nicht viel besser.
Schlimmer, das ist Planwirtschaft. Genau wie in Russland/Osteurope TänzerInnen, Models, TurnerInnen, zum Erfolg gequält wurden. Die Verträge für Casting-Stars hierzulande sind nicht viel besser.
Naja. Eher Leistungsgesellschaft. Im Sport galt das in vielen Osteuropäischen Ländern, aber bestimmt auch im Westen bei bestimmten Sportarten. Das merkt man ja beim Doping.
In asiatischen und ehemaligen sozialistischen Staaten ist / war Individualität offiziell nicht ganz so wichtig und daher der gesellschaftliche Druck sehr hoch. Der soziale Gruppenzwang ist also sehr hoch.
Eulenspiegel
25.07.2020, 04:08
Abigail Barlow hat gestern den Song
Heartbreak Hotel
https://www.youtube.com/watch?v=m6TeMnHCqcg
veröffentlicht, ohne Promo durch Plattenfirma...
auf Platz 18 der itunes US Pop Charts
https://i.ibb.co/Ny3Lytw/D822-CE18-C128-4516-B76-E-192-CBC78-EEFF.jpg
Quasi alles alleine mit tiktok.
Habe mal genauer bei Dixie D‘Amelio geschaut
über 4 Millionen monatliche Hörer bei Spotify,
Happy
schon über 17 Millionen Streams ...
earplane
25.07.2020, 08:43
Der gesamte Musik-Download-Markt ist in den letzten Jahren drastisch zusammengeschmolzen. Schon letztes Jahr kamen über 80% der Umsätze der Musikindustrie vom Streaming. "Platz 1 bei itunes" sagt heute soviel aus wie größter Hersteller von Pferdekutschen. http://www.glinkowski.pl/de/glinkowski-de/firma
Eulenspiegel
25.07.2020, 09:20
Der gesamte Musik-Download-Markt ist in den letzten Jahren drastisch zusammengeschmolzen. Schon letztes Jahr kamen über 80% der Umsätze der Musikindustrie vom Streaming. "Platz 1 bei itunes" sagt heute soviel aus wie größter Hersteller von Pferdekutschen. http://www.glinkowski.pl/de/glinkowski-de/firma
aber gleichzeitig mehr als 100.000 Streams in nicht mal 24h auf Spotify
und ohne Label
die Zahlen bei Dixie D‘Amelio sind von Spotify oder mittlerweile über 53 Millionen Clicks (seit 1. Juli) auf youtube...gibt es außer dem ESC ein Video von Lena in der Nähe dieser Zahl?
Ein Großteil der Verantworlichen bei Labeln, Managements, Agenturen betreibt nur noch Besitzstandswahrung...die sind praktisch, um in deinem Bild zu bleiben, mit Pferdekutschen groß geworden und haben keine Ahnung vom Auto.
earplane
25.07.2020, 09:54
Hier geht es ja eigentlich um "Währungen im Pop" und ich wollte sagen dass "itunes" heutzutage nur noch Kleingeld ist.
Bei "100.000 Streams auf Spotify" können sich die Autoren immerhin etwa $400 teilen.
In den USA reicht das nicht ansatzweise um in die Spotify Top200 zu kommen. Dafür braucht man über 200.000 Streams. In Deutschland reichen 100.000 Streams knapp für die Top100. Da Konzerte momentan nicht möglich sind ist das zur Zeit wohl die wichtigste Währung für Musiker.
Peter M. aus V.
25.07.2020, 12:14
Richtig, es geht um "Wäährungen des Pop. Klicks, Streams, Downloads sind m. E. aber nicht das, was Künstler und Künstlerinnen "bezahlen", sondern das, was sie für ihren Einsatz bekommen.
Man könnte also @Eulenspiegels Beispiel so interpretieren: Wer ohne Label entsprechenden Zahlen generiert, hat mehr oder bessere "Zahlungsmittel" zu bieten als der, dem der Apparat zur Verfügung steht.
Vergleiche von Lena mit Musikerinnen und Muskern auf dem amerikanischen Markt hinken übrigens immer.
Brummell
25.07.2020, 12:47
Richtig, es geht um "Wäährungen des Pop. Klicks, Streams, Downloads sind m. E. aber nicht das, was Künstler und Künstlerinnen "bezahlen", sondern das, was sie für ihren Einsatz bekommen.
Man könnte also @Eulenspiegels Beispiel so interpretieren: Wer ohne Label entsprechenden Zahlen generiert, hat mehr oder bessere "Zahlungsmittel" zu bieten als der, dem der Apparat zur Verfügung steht.
Vergleiche von Lena mit Musikerinnen und Muskern auf dem amerikanischen Markt hinken übrigens immer.
Man muss allerdings in Rechnung stellen, dass diese Zahlen veröffentlicht werden und damit wiederum das Standing im Musikmarkt beeinflussen. Und dieses Standing ist wiederum eine Währung, da es u.A. Aufmerksamkeit generiert.
earplane
25.07.2020, 12:53
Hier mal etwas Hintergrund zum Infuenzer Apparat der da zur Verfügung steht.
Die D’Amelios sind so etwas wie die schrecklich nette Familie für die Generation Z.
https://www.welt.de/kultur/article207324029/Teenager-aus-Connecticut-Charli-D-Amelio-beherrscht-die-Koenigsdisziplinen-von-TikTok.html
In dem Zusammenhang vielleicht auch interessant
https://www.nytimes.com/2020/01/03/style/hype-house-los-angeles-tik-tok.html
Kurzfassung auf deutsch
Im Dezember 2019 zog die junge Teenagerin mit 13 anderen Tiktokkern in eine Villa in Los Angeles. Die Influencer-Kommune entwickelte sich zu einer Mischung aus Big Brother, MTV’s Real World (die älteren mögen sich erinnern) und „Berlin Tag & Nacht).
https://omr.com/de/tik-tok-top-20-influencer/
Ist im Grunde das gleiche Prinzip mit dem Youtuber/Influenzer wie Shirin David ihre Beliebtheit nutzen um Musik zu verkaufen.
Wahrscheinlich werde ich einfach nur alt, aber dieser ganze TikTok-Krams geht mir komplett am Arsch vorbei.
Bisher habe ich auch nicht den Eindruck, dass ich damit musikalisch etwas nennenswertes verpasst habe.
Peter M. aus V.
25.07.2020, 13:23
Zumindest her, also in Bezug auf Lena, verpassen wir musikalisch ncihts auf tiktok. Scheint aber, wie man so hört, trotzdem eine Rolle zu spielen für die mediale Präsenz.
Man muss allerdings in Rechnung stellen, dass diese Zahlen veröffentlicht werden und damit wiederum das Standing im Musikmarkt beeinflussen. Und dieses Standing ist wiederum eine Währung, da es u.A. Aufmerksamkeit generiert.
Stimmt natürlich, ist allerdings eine indirekte Auswirkung des ursprünglichen Outputs.
Tiny Tim
04.06.2025, 18:17
Die Auflösung der Deutungshoheit
Was bedeutet Pop, wenn niemand mehr sagen kann, was gerade „groß“ ist? Die traditionellen Kulturvermittler – Magazine, Radiosender, Labels – verlieren ihre Autorität. TikTok wirft täglich neue Stars aus, und ebenso schnell vergisst sie das Publikum wieder. Selbst die Streaming-Giganten verlieren allmählich ihr Kuratierungsmonopol. Kulturelle Bedeutung wird zersplittert, diskursive Kraft verflüchtigt sich. Kein Song, kein Film, kein Star spricht noch „für alle“.
Die Deutungshoheit, dieses stille Einvernehmen darüber, was zählt und was nicht, hat sich aufgelöst. Was früher durch Kritiken, Preise, Talkshows zementiert wurde, ist heute flüssig geworden. Ein Lied kann innerhalb von Stunden zugleich zum feministischen Befreiungssong, zur Meme-Vorlage und zum religiösen Symbol werden – je nachdem, wer es hört, teilt, umdeutet.
Die Folge ist nicht Chaos, sondern ein neues Spiel mit Bedeutungen. Jede Rezeption ist Intervention, jeder Hashtag ein Kommentar. Die alten Gatekeeper sind im Verschwinden begriffen, werden ersetzt durch ein Gewimmel aus Mikroöffentlichkeiten. Was zählt, ist nicht mehr das Urteil der Kritik, sondern der Resonanzraum, den ein Werk erzeugt. Bedeutung entsteht nicht mehr zentral, sondern rhizomatisch.
Und dennoch: In dieser scheinbaren Befreiung liegt auch ein Verlust. Wer alles sein kann, hat kein Profil. Wer alles sagen darf, wird oft nicht mehr gehört. Das Ende der Deutungshoheit ist nicht das Ende von Bedeutung, aber es ist der Abschied von Eindeutigkeit. Pop wird nicht mehr erläutert, sondern gelebt, fragmentarisch, widersprüchlich, flüchtig.
Was bleibt, ist eine ständige Bewegung zwischen Welten, eine neue Kultur der Ambivalenz. Vielleicht ist das die eigentliche Lektion der letzten Jahre: Dass Deutung nicht mehr auf Konsens zielt, sondern auf Intensität. Nicht: Was bedeutet das? Sondern: Was macht das mit mir?"
Prekariat der Aufmerksamkeit
Was nützt die totale Sichtbarkeit, wenn niemand mehr wirklich hinsieht? Mit der Auflösung der Deutungshoheit ist die wirtschaftliche Struktur der Popkultur implodiert. Die industrielle Verwertungslogik der alten Medienwelt – Plattenvertrag, Promotionzyklus, Tournee – wurde durch einen digitalen Überfluss ersetzt, in dem Künstlerinnen und Künstler rund um die Uhr sichtbar sein müssen, um nicht in Vergessenheit zu geraten. Doch Sichtbarkeit ist kein Wert an sich mehr – sie ist ein Zustand permanenter Drohung.
Denn das neue Paradigma heißt: Aufmerksamkeit ist knapp, zerbrechlich, flüchtig. Und sie ist fast zur einzigen Währung geworden. Was man einst mühsam mit Plattenverkäufen oder Lizenzierungen verdiente, hängt heute an Klicks, Streams, Shares. Aber auch das nur bedingt: Ein viraler Clip kann Millionen erreichen – und doch kaum ein Einkommen generieren. Die Mehrheit der Kreativen lebt im Zustand einer chronischen Selbstverausgabung, in endloser Online-Präsenz, in der Hoffnung, dass irgendein Moment Resonanz erzeugt.
Diese neue Prekarität ist nicht nur ökonomisch, sondern existenziell. Wer heute Pop macht, wird nicht mehr von einem Label gedrillt, sondern von der Logik des Marktes selbst: Immer verfügbar sein. Immer relevant bleiben. Immer reagieren. Das führt zu einer paradoxen Form der Selbstzensur – nicht weil jemand verbietet, sondern weil der Algorithmus straft. Wer zu politisch wird, riskiert De-Monetarisierung. Wer zu sperrig ist, verschwindet aus den Feeds. Wer zu beliebig ist, erzeugt keine Resonanz.
Gleichzeitig verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Leben, zwischen Person und Persona. Popstars von heute sind Projektmanager ihrer eigenen Reichweite, Unternehmerinnen in eigener Sache. Sie tanzen, moderieren, posten, kollaborieren – doch oft fehlt ihnen, was frühere Generationen noch kannten: ein Raum, in dem sie nur Künstler sein durften.
Der Begriff „Independent“ hat seine Bedeutung verändert. Früher war er politisch, heute ist er oft nur noch ökonomisch – ein Euphemismus für „allein gelassen“. Die populäre Kultur lebt, das ist unbestritten. Aber sie lebt unter Bedingungen, die zunehmend unmenschlich sind.
Und doch: Es entstehen Nischen, Rückzugsräume, neue Allianzen. Künstler gründen Kooperativen, erfinden Mikroökonomien, betreiben ihre eigenen Plattformen. Sie leben vom Wenigen – aber auch von der Hoffnung, dass der Wert ihrer Arbeit nicht allein in Klickzahlen liegt. Dass Resonanz mehr sein kann als ein Like. Dass Kunst wieder etwas bedeuten darf.
Der Preis der Sichtbarkeit
Noch nie war es so leicht, ein Publikum zu finden – und noch nie war es so schwer, davon zu leben. Diese paradoxe Gleichzeitigkeit prägt die Gegenwart vieler Künstlerinnen und Künstler, die im digitalen Raum Sichtbarkeit erringen, aber keine ökonomische Stabilität daraus gewinnen. Reichweite bedeutet nicht mehr automatisch Einkommen. Viralität ist ein Versprechen ohne Vertrag.
Der alte Mythos des Popstars – ein Talent, entdeckt, gefördert, multipliziert – hat ausgedient. Heute gleicht die künstlerische Laufbahn einem ständigen Pitch: auf TikTok, Patreon, Instagram, Bandcamp, Twitch. Jeder Auftritt ist eine Bewerbung. Jeder Post eine Bittschrift. Jeder Moment der Sichtbarkeit ein Wimpernschlag, nach dem die Unsichtbarkeit folgt – es sei denn, man liefert nach.
Diese Ökonomie der Dauerpräsenz zermürbt. Sie bevorzugt jene, die ohnehin Ressourcen mitbringen: Zeit, Technik, mentale Widerstandskraft. Der Kulturbetrieb ist kein meritokratisches Feld mehr, sondern ein permanentes Selbstverwertungsregime. Wer nicht konstant produziert, verschwindet. Wer aneckt, riskiert das Algorithmus-Aus. Wer pausiert, hat verloren.
Dabei entstehen auf der Oberfläche schillernde Karrieren: Influencer-Popstars, Community-finanzierte Mini-Labels, transnationale Kollaborationen, die ohne Gatekeeper funktionieren. Doch unter dieser Oberfläche liegt ein prekäres Fundament: Burnouts, Schulden, kreative Erschöpfung. Die Mehrheit lebt von Nebenjobs oder unbezahlt. Es gibt Millionen von Künstlerinnen – aber kaum noch Künstlerexistenzen.
Besonders deutlich zeigt sich das im Verhältnis von Plattform und Individuum. Die Plattform gibt Bühne, Werkzeug, Publikum – und nimmt alles sofort wieder, wenn die Zahlen sinken. Sie verlangt nicht Kunst, sondern Aufmerksamkeit. Und Aufmerksamkeit ist kein künstlerischer Wert. Sie ist flüchtig, berechnend, manipulierbar. Wer Pop macht, muss rechnen: mit Reichweite, mit Rückschlägen, mit der eigenen Zerbrechlichkeit.
Und doch: Trotz dieser Zumutungen entstehen Werke von erschütternder Schönheit, Radikalität und Tiefe. Vielleicht gerade deshalb. Vielleicht ist die neue Popkultur so vielstimmig, so eigensinnig, weil sie gelernt hat, mit Unsicherheit zu leben. Weil sie weiß: Niemand wartet auf sie – und sie kommt trotzdem.
Die Zukunft der Unübersichtlichkeit
Wir stehen an einem kulturellen Übergangspunkt, der nicht mit einem lauten Knall kam, sondern mit einem leisen Verblassen. Was Pop einst war – ein globaler Resonanzkörper, eine industrielle Sprache, ein Mythos der Masse –, ist nun zu einer offenen Form geworden, zu einem Spiel ohne Spielfeldrand. Das ist befreiend und beunruhigend zugleich. Denn mit dem Verlust der Mitte ist auch das Koordinatensystem verloren gegangen, das jahrzehntelang half, sich zu orientieren.
Was wir heute erleben, ist keine Dekadenz, sondern eine Verlagerung. Popkultur hört nicht auf zu existieren – sie ändert ihre Aggregatzustände. Sie ist nicht mehr ein Strom mit Quelle und Mündung, sondern ein Delta: vielarmig, vielstimmig, unübersichtlich. Und doch nicht formlos. Denn auch Rhizome haben ein Wachstumsmuster, auch Nebel hat ein Klima.
Für die Künstlerinnen und Künstler bedeutet das: Sie müssen mehr denn je ihre eigenen Bedingungen schaffen. Ohne zentrale Kanäle, ohne gesicherte Märkte, ohne verlässliche Gatekeeper entsteht eine prekäre Autonomie. Kunst wird wieder zu einer Frage der Haltung, nicht der Strategie. Erfolg ist nicht mehr skalierbar, sondern relational. Er misst sich nicht in Reichweite, sondern in Relevanz – oft klein, manchmal vergänglich, aber intensiv.
Für das Publikum wiederum bedeutet es eine neue Art der Aufmerksamkeit. Wer sich orientieren will, muss sich entscheiden: für Tiefe statt Breite, für Kontexte statt Konsens, für Nähe statt Gefälligkeit. Der neue Pop verlangt Arbeit – nicht weil er elitär geworden wäre, sondern weil er fragmentarisch ist. Die Zeiten des universellen Geschmacks sind vorbei. Doch an ihre Stelle treten Gemeinschaften, Bewegungen, Erlebnisse, die wieder etwas bedeuten dürfen.
Und was wird aus der deutschen Popkultur? Sie wird, wie alles andere, mehrdeutig. Der Traum von „Exportfähigkeit“ ist ausgeträumt. Was kommt, ist Eigenwilligkeit. Vielleicht wird man sich weniger darum kümmern, ob ein Lied in London verstanden wird – und mehr darum, ob es in Leipzig etwas auslöst. Vielleicht wird man aufhören, sich über „Authentizität“ zu streiten – und anfangen, sie einfach zu leben.
Die neue Ordnung der Popkultur ist keine Ordnung im klassischen Sinn. Sie ist provisorisch, fluktuierend, in sich widersprüchlich. Aber sie ist real – und sie ist, trotz aller Unsicherheit, auch eine Einladung: zum Selberhören, Selbersehen, Selberfühlen. Vielleicht wird man im Rückblick sagen: Die 2020er waren das Jahrzehnt, in dem Pop wieder persönlich wurde.
Nicht das Zentrum hat gewonnen. Nicht das Periphere. Sondern das Dazwischen.
Interessante Gedanken! Da steckt sehr viel Wahres drin.
Rezeption von Kunst, von POP hängt auch vom Alter ab. Viele etablierte Künstler haben wahrscheinlich weiterhin ihre Hörer, sie altern evtl. zusammen. Sie werden nicht mehr unbedingt "reicher", können aber davon leben.
Für neue Künstler ist es zunehmend schwieriger. Schwieriger überhaupt wahrgenommen zu werden, schwieriger davon zu leben.
Dann kommt noch eine technische Entwicklung die POP-Künstlern (und anderen) weiter das Wasser abgräbt, die AI / KI. Auf der anderen Seite können damit auch nicht so kreative Menschen einen Output an Musik liefern. Das verwässert das Ganze aber noch weiter ...
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