Und der Jahresauftaktfilm hatte es dann erst recht in sich: Die Saat des heiligen Feigenbaums, von Mohammad Rasoulof heimlich in seiner iranischen Heimat gefilmt, aus der er inzwischen geflohen ist, ist sozusagen der filmische Kommentar zu der Protestwelle 2022 nach der Ermordung von Jina Mahsa Amini. Das Familiendrama um einen regimetreuen Vater, der für den Staat Todesurteile unterzeichnet, zwei gegen ihn aufbegehrende Töchter und eine zwischen den Stühlen stehende Mutter entfaltet sich langsam (aber nie langweilig), um dann in einem hochspannenden Thriller-Finale zu explodieren. Dazwischengeschnitten sind Handyaufnahmen von den realen Protesten. Ein sehr intensiver, sehr bewegender Film, eine dicke Empfehlung.
Gerade eben gesehen: Den DEFA-Klassiker Solo Sunny in einer wunderschönen Analogprojektion. Könnte auch im "Was mich heute richtig happy gemacht"- Thread stehen. So ein schöner, kraftvoller, emotionaler Film, ein wirkliches Meisterwerk – bester Kinoabend bisher dieses noch jungen Jahres.
"In My Skin". Eine der berührendsten und unverklemmtesten Serien ever. Über das Erwachsenwerden einer britischen Teenagerin unter erschwerten Bedingungen. Phantastisch gespielt. Vater gewalttätiger Alkoholiker. Mutter psychisch schwer gestört. Riecht nach schlimmem Sozialkitsch. Das genaue Gegenteil ist der Fall.
Gestern gesehen: Der Graf von Monte Christo. Hochbudgetierte Blockbuster aus Europa, das hat ja Seltenheitswert, dieser Film geht dafür "voll auf die Zwölf". Schwelgerisches Austattungskino vom Feinsten, jede Einstellung funkelt und strahlt auf der Leinwand. Und die Geschichte von Dumas ist ohnehin "unkaputtbar"; durch die erste Hälfte der Handlung galoppiert der Film dabei ein wenig, um sich dann umso intensiver auf den eigentlichen Racheplot zu konzentrieren. Ich fand's schön, im Jahr 2025 einmal ganz altmodisches Abenteuerkino zu sehen, ohne irgendwelchen (post-)modernen Mätzchen, ich habe mich drei Stunden bestens unterhalten.
Vorgestern gesehen: Juror #2. Der wohl endgültig letzte Film von Clint Eastwood ist zugleich einer seiner besten in seinem Spätwerk. Zur Handlung in Kürze: Der Titelheld wird als Geschworener in einem Mordprozess berufen, bei dem er entdeckt, dass er womöglich selbst der Täter ist (der Angeklagte wird beschuldigt, seine Frau getötet zu haben, aber höchstwahrscheinlich war sie Opfer eines vom Protagonisten verursachten Autounfalls). Das damit entstehende Dilemma – einerseits keinen Unschuldigen hinter Gitter bringen, andererseits nicht selbst dort landen zu wollen – hat's natürlich in sich. Auch wenn der Plot etwas konstruiert ist: Eastwood inszeniert das mit der ihm eigenen Präzision und Nüchternheit als klassisches Gerichtsdrama in der Tradition von Die zwölf Geschworenen, großartig besetzt und hochspannend. Und mit einer grandiosen Schlusseinstellung.