Zitat von
Economist
Ich würde das von Dir und Imre Grimm Gesagte gerne modifizieren (wir hatten das ja schon so ähnlich bei der "Hater"-Debatte im Thread "BZ - Ist der Lena-Hype schon wieder vorbei?", wo ich am 31.7. vom Neid auf Lenas Lebenfreude und Selbstbewußtsein sprach). Nach meiner Ansicht haben diejenigen, für die Lena ein rotes Tuch ist, nicht etwa Angst vor dieser Sehnsucht nach Liebe, sondern genauer die Angst, sich ihrem enttäuschten Bedürfnis nach Liebe bewußt zu werden. Sie reden sich ein, daß es wirkliche Liebe ja nicht geben kann, es ist ihre Wahrheit, die sie als Schutzschild benötigen - denn dann empfinden sie keinen Mangel, sie haben diese Sehnsucht im Alltag einigermaßen erfolgreich verdrängt. Lenas Erscheinung, ihr Verhalten, die Rückschlüsse, die man daraus über das segensreiche Wirken ihrer Mutter ziehen kann, macht diesen Menschen aber schmerzhaft bewußt, daß es solche Liebe eben doch gibt, daß eine andere "Wahrheit" und "Realität" existiert, die sie selber nicht erlebt haben. Das vorhandene Schutzschild verliert seine Funktion, diese Menschen fühlen sich subjektiv wirklich in ihrem Innersten angegriffen - und das löst Aggressionen aller Art aus, um irgendwie ihr Weltbild des "Nichtvorhandenseins echter Liebe" zu retten. Sie verdächtigen bzw. beschuldigen Lena der Realitätsverweigerung, damit sie sich nicht eingestehen müssen, daß sie es eigentlich sind, die dies tun.
Genau das meint auch Imre Grimm mit seiner Feststellung, daß die Tatsache, daß Lena mit sich im Reinen ist, so provoziert. Anders gewendet stimmt nämlich, daß die, die Hassgefühle hegen und in Kommentaren hetzen, mit sich eben NICHT im Reinen sind. Sie fragen sich, warum SIE anscheinend solche Liebe nicht erlebt haben - mit anderen Worten, es ist der Neid und die Enttäuschung der zu wenig Geliebten, der dann zum Vorschein kommt.
Es ist gedanklich so einfach und gleichzeitig oft so schwierig zu realisieren: Die Freude am Leben steht und fällt mit dem Bewußtsein, von anderen Menschen um seiner selbst willen geliebt zu werden. Und davon unterscheide ich ausdrücklich die Bewunderung Anderer für eigene Leistungen - das verschafft nur zeitweilige Befriedigung, aber nicht die grundsätzliche Lebenszufriedenheit, die vom Geliebtwerden ausgeht.