Ich möchte die, die Spaß an sowas haben, zum Mit-Nachdenken bitten über ein Phänomen, das mich viel beschäftigt hat, das ich aber immer noch nicht ganz verstehe. Es handelt sich um weiteres Unterproblem der allgemeinen Lenalogie. Vielleicht kommen wir gemeinsam einer Lösung näher?
Hier ist das Phänomen. Ich habe die folgende feste und eindeutige Intuition: Für das, was Lena für mich ist bzw. was sie mir bedeutet – für das Band, das mich mit ihr verbindet –, ist es nicht unwichtig oder zufällig, sondern essentiell (sagt man essentiell?
), dass ihr Weg ins Rampenlicht über die USFO-Shows (vielleicht auch über die erste ESC-Teilnahme) geführt hat. Anders gesagt, meine Intuition ist, dass meine Bindung an Lena nicht dieselbe wäre, nicht dieselbe sein könnte, die sie tatsächlich ist – dass also Lena für mich nicht das wäre, was sie für mich ist – wenn die Geschichte, die von „Hallo, ich bin Lena, ich bin 18 und ich komme aus Hannover“ bis zu „Alter Finne!“ und vielleicht bis zu „Ihr seid verrückt! Ihr seid verrückt!“ reicht, nicht Teil ihrer Geschichte wäre.
Was ich meine, lässt sich vielleicht besser verstehen, indem man ein Gedankenexperimente macht: Man stelle sich vor, es hätte USFO und den ESC 2010 nie gegeben. Lena wäre einfach irgendwie zu einem Plattenvertrag gekommen. Es wäre unter den zahllosen Pop-Alben des Jahres 2010 einfach eines mit Namen „My Cassette Player“ erschienen und eine Single namens „Satellite“ zum Hit geworden. Nehmen wir auch an, die dazu gehörige Sängerin wäre ziemlich viel in verschiedenen Fernsehformaten und Talkshows aufgetreten und hätte dort genau die Dinge gesagt und die Figur gemacht, wie es auch in Wirklichkeit der Fall war. Haltet Ihr es für möglich, dass Lena unter diesen Umständen heute das für Euch bedeuten würde, was sie Euch bedeutet?
Was mich betrifft, so sagt meine Intuition: Nein. Die Musik und Lenas Liebreiz allein hätten mich niemals so an sie binden können, wie es nun einmal gekommen ist. Ich hätte die Frau sicher bezaubernd und talentiert und das Album - wenn ich es mir angehört hätte - erstaunlich gut gefunden, aber mehr wohl nicht. Das sagt mir jedenfalls mein Gefühl. Ohne die Geschichte ihres Auftauchens würde etwas fehlen. Diese Geschichte gehört zu Lenas Lenasein-für-mich nicht irgendwie, sondern
wesentlich dazu.
Was ich zu sagen versuche, darf nicht so missverstanden werden, als wollte ich behaupten, nur Menschen, die USFO miterlebt haben, könnten sich in Lena verliebtgemusikt haben. Das wäre absurd, denn schließlich trifft es wohl auf die Mehrheit der Menschen in diesem Forum zu, dass sie erst nach USFO auf Lena aufmerksam wurden. Aber: Auch für diese Post-USFO-Lenaistas gilt, so vermute ich, dass es unter ihnen niemanden gibt, der sich für Lenas USFO-Geschichte schlicht nicht interessiert, der diese Geschichte nicht nachholend nachvollzogen hat und für den sie in diesem Sinne nicht doch zu seiner Bindung an Lena dazugehört.
Man könnte insofern ein zweites Gedankenexperiment machen und sich fragen: Wenn uns einer sagen würde, er sei Lena-Fan, wisse aber von USFO gar nichts, kenne die Videos und die Songs nicht und interessiere sich auch nicht dafür (wem das zu unwahrscheinlich vorkommt, kann sich ja vorstellen, dass dieses Gedankenexperiment in der Zukunft spielt, im Jahr 20 von Lenas Karriere, wo man sich an ihre Anfänge vielleicht kaum noch erinnert) – würden wir dieser Person nicht mit aller Macht klarmachen wollen, dass sie hier etwas Essentielles verpasst? Und zwar nicht in dem Sinne, dass ihr einfach ein paar tolle Songs entgehen, sondern etwas
Grundsätzliches, etwas, das mit Lenas Wesen, mit Lenas Lenasein selbst zu tun hat? Dass sie in gewisser Weise gar nicht versteht, worin das Wunder LML besteht, was es mit Lena auf sich hat?
Frage 1:
Wer teilt die Intuition? Oder bin ich doch der einzige? (Vielleicht, aber es fällt mir schwer, das zu glauben.)
Frage 2:
Wer hilft mir, die Intuition zu verstehen? Denn eigentlich verstehe ich sie nicht. Die Musik wäre dieselbe. Lenas Persönlichkeit, ihre Äußerungen, ihre Schönheit wären dieselben. Warum erscheint es mir so, als wäre die Bindung nicht dieselbe? Man könnte doch sagen, USFO war einfach ein sehr günstiges, besonders nützliches Format, um Lenas musikalische und persönliche Außergewöhnlichkeit zu präsentieren, und als solches ist es einem halt besonders ans Herz gewachsen, aber im Prinzip wäre es auch anders gegangen. Warum kommt mir hingegen das Faktum genau
dieser Geschichte von Lenas Kometeneinschlag in meine Welt so wichtig vor, dass ich sagen will, dass es
nicht anders gegangen wäre – dass es sich um ein essentielles, die ganze Bindung mitdefinierendes Element handelt? Denn irgendwie will ich das sagen. Ist da was dran oder bin ich Opfer meiner sentimentalen Erinnerungen?