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Thema: John Cale

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    Standard John Cale

    Ich erdreiste mich mal, einen John-Cale-Thread zu eröffnen, denn sonst wüsste ich nicht, wohin mit diesem Post. Oder gibt es schon einen allgemeinen Thread für Konzert-Reviews?

    Letzten Freitag spielte John Cale in der Elbphilharmonie. John Cale gehörte 1965 neben Lou Reed und anderen zu den Gründungsmitgliedern von The Velvet Underground, trat danach als Solokünstler auf und erfand abseits vom Mainstream neue Klänge im Bereich zwischen Rock, Elektronik und Neuer Musik. Oft wird er zur schwammig definierten Gruppe der Avantgarde gezählt. In der Elbphilharmonie sang er, spielte Keyboard und griff zweimal zur E-Gitarre. Begleitet wurde er von einer Rockband (Gitarre, Bass, Schlagzeug) und einem kleinen Orchester (3 Bläser und sieben Streicher). Die Musiker der Rockband machten auch den Backgroundgesang. Ich muss gestehen, dass ich erst im Vorfeld des Konzertes angefangen habe, mich mit John Cale zu befassen. In dem Jahr der Gründung von The Velvet Underground wurde ich gerade eingeschult. Als ich begann, mich für Musik zu interessieren, hatte ich Cale nicht im Blick, aber die Debüt-LP „The Velvet Underground & Nico“ kaufte ich mir dann Anfang der 80er-Jahre doch (was aber zugegebenermaßen auch am Bananen-Cover von Andy Warhol lag). Nach dem Tod von Lou Reed im Jahr 2013 ist Cale der letzte Lebende aus der Velvet-Gründungsphase.

    In Hamburg spielte Cale nichts aus der Velvet-Zeit, aber gleich zu Beginn „Frozen Warnings“, ein Song, der bereits 1972 von Cale, Lou Reed und Nico erstmals eingespielt wurde. Die Hälfte der folgenden Songs stammte aus den 70er-Jahre, die andere Hälfte aus der Zeit danach bis in die Gegenwart. Zwei seiner Stücke waren so neu, dass sie noch nicht auf Alben erschienenen sind. Trotz seines Alters von 76 Jahren veröffentlicht Cale immer noch Alben mit neuen Stücken. Cale verbindet Komposition mit Improvisation. Einige seiner Stücke endeten mit mehrere Minuten dauernden Wiederholungen von Phrasen, die von den Musikern variiert wurden. Cale hielt dabei Blickkontakt zu den Musikern, um einvernehmlich einem Schluss zu gestalten. Wer nach Minuten das Signal für den Schluss gab, konnte ich nie erkennen, aber er gelang immer. Nach über anderthalb Stunden verabschiedete sich Cale, natürlich nur, um kurz darauf für eine lange Zugabe wiederzukommen. Insgesamt stand er zwei Stunden auf der Bühne (mit 76 Jahren!).

    Übrigens variiert John Cale seine Setlist. Einen Tag nach dem Hamburger Konzert trat er in Berlin auf. Eine Setlist aus dem Internet zeigt, dass er mehrere Songs ausgetauscht hatte. In Berlin spielte er auch einen Song von Velvet Underground.

    Getrübt wurde der Musikgenuss in der Elbphilharmonie allerdings vom Raumklang. Der Saal hat eine sehr sensible Akustik, die mit wenig Hall nichts beschönigt. Der zarte Hall verstärkt vor allem die tiefen Frequenzen, während die hohen Töne unverfälscht rein klingen. Für leise und mittellaute Orchesterstücke und für unverstärkten Gesang ist der Saal optimal. Aber John Cale ist laut und liebt ebenfalls die tiefen Frequenzen. Cale und der Hall des Saales verstanden sich also prächtig und ließen die Bassdrum und andere tiefe Klänge wabern, so dass, wenn es besonders laut wurde, diverse Kleinteile der jungen Elbphilharmonie resonierten und fröhlich mit Schnarren und Zirpen einstimmten. Diese Geräusche hörte ich aus verschiedenen Richtungen im Bereich der Sitzplätze. Wenn die Tonlage sich änderte, hörten die einen Kleinteile auf, während die anderen loslegten. Außerdem waren die Verstärker und Lautsprecher bei den Peaks überfordert, so dass es zu Verzerrungen kam. Für Clublautstärke ist die Elbphilharmonie schlichtweg ungeeignet. Allerdings wäre diese Lautstärke bei John Cales Stücken auch gar nicht notwendig gewesen. Ich hätte mir einen niedrigeren Schallpegel gewünscht.

    Hier ein paar eigene fotografische Mitbringsel:
    https://www.irista.com/gallery/xzo6fq9bqwur

    Und zwei kurze aber gute akustische Instagram-Schnipsel eines anderen Besuchers:
    https://www.instagram.com/p/BrHvWHMgibZ/
    https://www.instagram.com/p/BrHvUHkAl7p/
    Hier ist nichts von den von mir beschriebenen akustischen Problemen zu hören. Vielleicht saß ich unglücklich.

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    so very cautious
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    Standard AW: John Cale

    Zitat Zitat von blaufink Beitrag anzeigen
    This quote is hidden because you are ignoring this member. Show Quote
    Ich erdreiste mich mal, einen John-Cale-Thread zu eröffnen, denn sonst wüsste ich nicht, wohin mit diesem Post..
    Solche Dreistigkeit ist, was mich betrifft, ja immer willkommen (schon als Gegengewicht zum Thread über ... ach nein, ich nenne jetzt keine Namen ). Also danke fürs Thread-Erstellen, für den Bericht (inkl. interessanter Elbphilharmonie-Impressionen) und die Schnipsel. Sich abwechselnd Lena- und John-Cale-Konzertschnipsel reinzuziehen fällt ja auch eher in die Kategorie "unwahrscheinlich" .
    Geändert von bates (10.12.2018 um 22:36 Uhr) Grund: Falsch platzierte Klammer.

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    Standard AW: John Cale

    @blaufink, danke auch von mir für Deine Thread-Eröffnung.

    John Cale war ja auch 1983 und 1984 zweimal Gast im Rockpalast. Das ist der eigentliche Grund, warum mir sein Name ein Begriff geworden ist. Mit The Velvet Underground hatte ich damals nichts am Hut. Ich kannte - bezeichnenderweise - natürlich Warhols berühmtes Bananen-Cover, aber das war´s auch schon.
    Ich habe sein Konzert damals in der 14. Rocknacht nicht verfolgt, er geisterte aber immer in meinem Hinterkopf herum als jemand, mit dem man sich vielleicht doch einmal beschäftigen sollte, was ich bis heute allerdings nicht getan habe. Ein Kumpel hatte es sich allerdings angesehen und meinte Cale wäre auf dem Boden herum gekrochen.
    Und ja, er stand immer im Schatten von Lou Reed, mit dem er sich 1968 heftig zerstritt und daraufhin The Velvet Underground verließ. Hin und wieder liest man, es hätte danach eine lebenslange Feindschaft zwischen Cale und Reed bestanden*, was aber zweifelhaft ist, denn es gab auch später wieder Kollaborationen und gemeinsame Auftritte, zumal 1992 TVU ja auch eine, allerdings kurzlebige, Wiedervereinigung feierten.

    In meinem inzwischen historischen "10 Jahre Rockpalast"-Jubiläumsheft stehen zu seinem Konzert u.a die mehrdeutigen Sätze:
    Zitat Zitat von Rockpalast
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    Für eine starke Minderheit war der Auftritt von John Cale in dieser Nacht das Stärkste. Viele meinten, sein Konzert sei "typisch Rockpalast" und erinnerten an das legendäre "Vollmond-Konzert" von Mitch Ryder. Aber verwechseln konnte man John Cale mit niemandem ...
    Andere Bands in dieser Nacht waren Huey Lewis & the News, Chalice und Level 42. John Cale bildete den Abschluss und war sicherlich wieder eine Erfahrung der besonderen Art um ca. 4 Uhr morgens.
    Dieses Video schneidet beide Rockpalast-Versionen von Elvis Presleys "Heartbreak Hotel" zusammen, 1983 in der Zeche in Bochum und 1984 in der Essener Grugahalle. Es ist wahrlich speziell. Und: er kriecht auf dem Boden herum.


    Es gibt beide Auftritte im Rockpalast übrigens sowohl auf CD als auch auf DVD.

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    * so z.B. in Wolfgang Kos Buch "99 Songs. Eine Geschichte des 20 Jahrhunderts".

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    Erfahrener Benutzer
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    Standard AW: John Cale

    Danke bates und OldStephen66 für das Feedback!

    Dass sich Lou Reed und John Cale auf Lebenszeit zerstritten hatten, kann ich auch nicht ganz glauben, denn bereits vier Jahre nachdem Cale The Velvet Underground verließ, trafen sich die beiden schon wieder zusammen mit der deutschen Sängerin Nico in Paris für einen gemeinsamen Auftritt: https://de.wikipedia.org/wiki/Le_Bataclan_’72

    In den 80er-Jahren hatte ich leider keinen Rockpalast mehr gesehen, weil ich da studienbedingt ganz auf „E“-Musik der klassischen Moderne und der Gegenwart gepolt war. „Meine“ wenigen Rockpalast-Nächste (ich glaube, es waren zwei) fielen auf das Jahr 1978. Aber verrückt, der Unterschied zwischen Cale 1984 in der Grugahalle und heute.

    Inzwischen gibt es mehrere Rezensionen zum Cale-Konzert in der Elbphilharmonie. Zwar wird die Lautstärke erwähnt, aber in keinem Beitrag ist von ernsthaften akustischen Problemen die Rede. Vielleicht hatte ich tatsächlich Pech mit dem Sitzplatz im Parkett hinten an der Seite. Leider waren die besten Plätze schnell weg und ich entschied mich erst am zweiten Verkaufstag für ein Ticket. Die Lautsprecher waren ja von Cales Team aufgestellt und nicht im Akustikkonzept des Saals vorgesehen.

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