Die Frage ist doch ganz einfach: Entweder man darf über eine Person, oder um genauer zu sein über den zunehmend autokratisch regierenden Präsidenten eines (auch für Deutschland) nicht unbedeutenden Landes, ein Gedicht wie jenes verfassen und im Fernsehen vortragen, oder man darf es nicht. Und ich habe so ein bisschen den Eindruck, als würden manche, die Böhmermann als Opfer der Mühlen der Weltpolitik und Opfer einer Hetzkampagne sehen wollen, zwei Dinge ein bisschen vermischen: Man darf es doch sehr gerne unzeitgemäß finden, dass es Gesetze gibt, die das Verunglimpfen ausländischer Staatsoberhäupter wie auch das Verunglimpfen von religiösen Würdenträgern (siehe das Papst-Beispiel in meinem letzten Beitrag) strenger bewerten als das Verunglimpfen von Ottonormalbürgern. Aber auch die Abschaffung solcher Gesetze würde nicht bedeuten, dass das Verunglimpfen von Präsidenten und Päpsten unter diw Narrenfreiheit fallen würde.
Und da hier ja immer wieder mit den in unserem Grundgesetz verankerten Grundrechten argumentiert wird ..... ich bin ganz eindeutig kein Jurist, aber so viel weiß ich: Das höchste Verfassungsgut, das die Bundesrepublik kennt, ist nicht die Meinungsfreiheit, auch nicht die Freiheit der Presse oder die der Kunst, sondern die Würde des Menschen. Und im Grundgesetz steht ausdrücklich nicht:
"Die Würde des Menschen ist unantastbar, ausgenommen die von Diktatoren".
Soll heißen: Erdogan mag der menschenverachtendste, verlogenste, zynischste, grausamste Despot der Weltgeschichte sein oder in den kommenden Jahren noch werden – dennoch hat selbstverständlich auch er das Recht, sich im Zweifelsfall auf dem deutschen Rechtsweg gegen die Verletzung seiner Würde zur Wehr zu setzen. Genau das ist doch der Grundgedanke, auf dem dieses Land gegründet wurde; dass eben – selbst wenn das in einem Land wie der Türkei nicht der Fall sein mag – nicht nur die von Recht und Gesetz geschützt werden, die uns in ihrer Weltanschauung und ihren politischen Handlungen in den Kram passen, sondern alle Menschen. Genau dieser Gedanke ist das Fundament des deutschen Rechtsstaates. Ich sage damit übrigens keinesfalls, dass man das zwangsläufig gut finden muss. Es ist aber nun mal so, und ich bin der Ansicht, dass man das,
wenn man hier schon mit Verfassung und Grundrechten argumentiert, berücksichtigen sollte