Ja, es hat sicher jeder die Ereignisse der letzten Tage mitbekommen, deshalb erübrigt sich eine nähere Einführung, warum ich das jetzt hier poste. Aber ein paar Sachen gingen mir dabei eben doch durch den Kopf, die ich gerne mit euch teilen möchte:
Auch wenn man vermutlich schon jahrelang keinen Gedanken mehr an ihn verschwendet hatte – aber als gestern der Name Küblböck auf einmal wieder in den Medien auftauchte, hatte vermutlich jeder, der heute so ungefähr zwischen Anfang 20 und Ende 30 ist, sofort wieder irgendeine halb verschüttete Erinnerung vor Augen; eine Erinnerung an schrille Outfits, eine mindestens außergewöhnlich zu nennende () Stimme, und sicher auch ganz allgemein einen jungen Menschen mit sehr kindlich-unkonventionellem Auftreten
Wie schon desöfteren erwähnt, hatte ich in meiner Jugend mit allem, was im weitesten Sinne Popkultur war, nur seeehr wenig am Hut. Als dann im Frühjahr des Jahres 2003 allüberall die erste DSDS-Staffel in den Medien präsent waren, kam ich (damals 15 Jahre jung) aber auch nicht ganz daran vorbei und hab somit auch mal reingeschaltet; und so wurde die Ausgabe, wo Daniel K. ausschied, die allererste Castingshow meines Lebens. Und ja, natürlich habe wie so viele auch ich damals sein Ausscheiden abgefeiert. Und ich gebe auch ganz ehrlich zu, als ihm dann im Jahr darauf der Gurkenlaster in die Quere kam, war ich wohl auch ein wenig enttäuscht, dass er so einfach davongekommen ist ….
Im Lauf der letzten Jahre habe ich – auch hier im Forum – schon wiederholt Parallelen zwischen den drei Pop-Phänomenen gezogen, die in Deutschland seit der Jahrtausendwende die meiner Auffassung nach größten Hypes ausgelöst haben: Lena, Tokio Hotel und Daniel Küblböck. Natürlich hat Küblböck dabei wohl selbst auf der Spitze seines Erfolges nie die CD- und Konzertkarten-Verkaufszahlen erreicht, wie es die beiden anderen Genannten nach ihm geschafft haben; und ich hatte schon damals, also 2003/04, eher den Eindruck, dass er für den größten Teil der Medien eher ein skurriles Kuriosum darstellte denn einen ernsthaften Player auf dem Musikmarkt – aber Fakt ist, auch bei Küblböck gab es eine Zeit, in dem niemand, ich betone niemand, in diesem Land an ihm vorbeikam. Jeder, vom Kind bis zur Oma, bekam damals irgendwas von ihm mit, und wohl jeder hatte zu ihm irgendeine Meinung. Allein das ist wohl etwas, das nur ganz wenige Menschen in diesem Beruf schaffen. Und dabei steht für mich auch definitiv fest: So furchtbar und so lächerlich sein damaliges Schaffen nach weit überwiegender Auffassung der Öffentlichkeit auch gewesen sein mag – aber er hat durch seine damalige Präsenz irgendwas ausgelöst und bewegt; er hat Emotionen hervorgerufen, positive wie negative; von der gottgleichen Verehrung bis zur dämonengleichen Verdammung. Gleichgültig war er wohl damals nur wenigen. Für einen kurzen Moment, so schnell er danach auch verweht sein mag, hat er es damals bewirkt, das ganz Deutschland über ihn sprach. Und zumindest das ist und bleibt wohl auch das Größte und Entscheidende, was dieser Mensch in seinem kurzen Leben erreicht hat.
Meine bis dato letzte Begegnung mit dem Namen Küblböck war vor ungefähr zwei (?) Jahren, als Oliver Kalkofe im Rahmen seiner „Schlefaz“-Reihe den Film „Daniel, der Zauberer“ erstmals überhaupt ins deutsche Fernsehen holte. Und ja, ich habe den Film damals gesehen, vom Anfang bis zum Ende; und bin dabei zu einer Erkenntnis gelangt, die mich selber durchaus ein wenig erstaunt hat. Damit wir uns nicht missverstehen: Ja, dieser Film ist einfach nur unfassbar schlecht. Das Drehbuch, die darstellerischen Leistungen, die Bildqualität und Kameraführung, die Effekte – alles, aber auch wirklich alles an diesem Film wirkte auf mich zu 100 Prozent wie das Produkt der Video-AG einer siebten Klasse. Ich fand es damals absolut unvorstellbar (und finde das eigentlich auch noch heute), dass diesen Film erwachsene Menschen, die das zudem noch beruflich machen, hergestellt und in die Kinos gebracht haben sollen. Aber dennoch – eine einzige positive Erkenntnis hat dieser Streifen in mir ausgelöst: Ich hatte im Vorfeld erwartet, einen eilig und lieblos gemachten Versuch zu sehen, aus dem kurzlebigen Ruhm eines Castingsternchens noch schnell ein wenig Kapital zu schlagen. Aber zu meiner eigenen Verblüffung kam ich zu dem Schluss, dass dieser Film tatsächlich ganz ernsthaft an seine eigene Botschaft glaubt: Dass Daniel eine quasi überirdische Gabe hat, seine Umgebung durch die ihm innewohnende positive Energie zum Guten zu verwandeln. Diese kindlich-naive Botschaft schien der Film tatsächlich in vollem Ernst und ohne jede Ironie zu vertreten. Und da muss ich dann schon sagen: Vielleicht ist Hass das falsche Wort für das Gefühl, das man diesem Film entgegenbringen muss. Ich würde es eher wie so eine Art Mitleid beschreiben: So wie man es bei der erwähnten Video-AG einer siebten Klasse vermutlich nicht fertigbringen würde ihr zu sagen, dass ihr Film unsagbarer Schrott ist, so bringe zumindest ich das auch bei diesem Film irgendwie nicht übers Herz. Man kann es jedenfalls drehen und wenden, wie man will, aber ernsthaft an Emotionen wie diese zu glauben, so lächerlich man das als außenstehender erwachsener Mensch auch finden mag, nötigt mir dann doch trotz allem irgendwo auch einen gewissen Respekt ab. Versteht man, was ich sagen will?!
Und joa, 15 Jahre nach DSDS und 14 Jahre nach dem Kinofilm sehen wir nun, dass von dieser positiven Energie zumindest bei ihm selber offenbar nicht (mehr?) viel übrig ist. Und ich bin jetzt tatsächlich etwas hin- und hergerissen, inwieweit mich das betroffen machen muss; oder ob es nicht vielmehr geheuchelt wäre, wenn ich jetzt sehr geschockt wäre, wo ich ihn doch zeitlebens nicht im Geringsten ausstehen konnte. Auf jeden Fall aber wünsche ich den Menschen, die ihm nahestanden, viel Kraft, um mit der Situation umzugehen – und ich denke und hoffe, dass zumindest das ein Wunsch ist, dem sich alle hier mitlesenden Menschen anschließen können.
Nun denn, was geht euch beim Namen "Daniel Küblböck" heutzutage so durch den Kopf? Gerade auch im Hinblick auf die gestrigen Schlagzeilen?