Dass ich (als Einziger aus dem Forum???) den Vorentscheid heute live im Studio erlebt habe, verdanke ich vampire67, der mich neulich darauf hinwies. Inzwischen bin ich innerlich so weit weg vom ESC, dass ich noch nicht einmal mitgekriegt hatte, dass die Show in Berlin stattfinden würde. Ich wohne nur 5 km von den Adlershofer Studios entfernt, somit war das natürlich ein Muss. Hier ein kleiner Erlebnisbericht.
Ich bin wegen der kurzen Entfernung und relativ umständlichen öffentlichen Verbindung dreist mit dem Auto hingefahren. Ich hatte mich darauf eingestellt, in ein Parkhaus zu fahren, konnte aber zu meinem Erstaunen 100 Meter vom Studio entfernt ganz legal und umsonst am Straßenrand parken. Einlass sollte ab 18:00 Uhr sein. Es war 17:30 Uhr und es gab schon eine kleinere Schlange. Sie ließen uns nicht lange in der Kälte stehen, schon 10 Minuten früher wurde die Tür aufgemacht und wir strömten in ein riesiges Foyer, das alle Zuschauer der Show aufnehmen konnte. So konnte man wenigstens im Warmen warten. Zuerst musste man seine Anmeldebestätigung in ein Ticket umtauschen und die übliche Rechteabtretung unterschreiben. Das war perfekt organisiert: man stellte sich nicht an einem Tresen an, sondern die Mitarbeiter standen über das Foyer verteilt an Bistro-Tischen. Auch die Garderobe war so lang und gut besetzt, dass man ohne Wartezeit direkt drankam. Und auch noch umsonst. Auch für die Bockwurst musste ich keine Minute anstehen. Vorbildlich!
Der Einlass ins Studio war für 19:00 Uhr geplant. Um 18:30 Uhr gab es eine ausführliche Ansage, wie alles abläuft. Wir wurden auch darauf hingewiesen, dass es zwei Sorten von Tickets gab (per Zufallsprinzip): A und B - das bezog sich auf die beiden Eingänge. Ich hatte eine B-Karte, und leider erwies die sich als A...-Karte.
Kurz vor 18 Uhr öffnete sich Eingang A auf breiter Front und die Leute strömten hinein. Natürlich ging jeder davon aus, dass B genauso funktioniert, und es entstand eine große Menschentraube vor Tür B. Die öffnete sich aber erstens später, und zweitens wurden immer nur 3-4 Leute reingelassen, dann war wieder minutenlang Schluss. Das Prinzip war wohl, mit den B-Leuten die Lücken zu füllen, die die A-Leute hinterließen. Ein Scheißplan! Ich stand über eine halbe Stunde dicht gedrängt vor der Tür, und als ich endlich reingelassen wurde, wurde ich zu einem optisch und akustisch ziemlich miserablen Platz hinten am Rand geleitet. Aber ich bin nicht der Typ, der sich von solchen Umständen den Abend versauen lässt.
Das Programm muss ich nicht beschreiben, das habt ihr ja alle im TV gesehen - wahrscheinlich besser als ich.
Bereut habe ich es nicht, hingegangen zu sein, denn die Stimmung war großartig. Das Berliner Publikum ist ja gelinde gesagt nicht als sehr begeisterungsfähig bekannt, aber was sich hier versammelt hat, war ja kein Berliner Konzertpublikum, sondern die aus dem ganzen Land angereiste ESC-Fangemeinde. Und die ist SEHR begeisterungsfähig! Um mich herum ging die Post ab, und das steckt natürlich an. Dass die gute Barbara auch mal wieder zur Höchstform aufgelaufen ist, ist schon fast selbstverständlich. Die Linda von der Tagesschau konnte ihr natürlich noch nicht ganz das Wasser reichen, aber ich fand das Duo trotzdem recht unterhaltsam. Was Peter Urban gesagt hat, konnte man im Saal leider nicht verstehen - zumindest nicht von meinem Platz aus. Es gab auch keine Video-Wand, auf der man das Fernsehbild sehen konnte, was einerseits gut war - so hatte man die Augen auf die echten Menschen und nicht auf einen Bildschirm gerichtet - aber manches konnte man eben dann leider nicht sehen oder nicht hören.
Zu den Acts will ich mich kurzfassen, weil das natürlich total subjektiv ist und ich mit meinen ESC-Prognosen eigentlich immer völlig daneben lag. Ich fand zunächst, dass die Performances von Song zu Song besser wurden, aber wahrscheinlich liegt das eher daran, dass ich mehr und mehr in Stimmung kam. Insgesamt fand ich das Feld diesmal recht nah beisammen. So richtig schlecht war niemand. Im Vorfeld hatte ich mir die Songs alle schon einmal angehört. Der letzliche Siegersong der "Schwestern" gehörte für mich von Anfang an zu den eher auffälligen Beiträgen. Die Wolken-Lilly gehörte definitiv auch in diese Kategorie. Auch der Teenieschwarm Linus war auffällig.
Als die Experten-Votes verlesen wurden, war ich einerseits einverstanden - untere und obere Hälfte habe ich genauso gesehen (wobei die BB "Blocksberg" eigentlich eine großartige Soulsängerin ist, aber ihr Song hat nicht funktioniert) - andererseits war ich erschrocken, wie hoch Makeda bewertet wurde. Sie ist zweifellos gut, aber der Beitrag hatte keinerlei Alleinstellungsmerkmal. Außerdem fand ich, dass sie stimmlich arg an ihre Grenzen gekommen ist. Lilly natürlich auch, aber das war eine ganz andere Musik, die mehr auf Originalität als auf Perfektion zielt. Mit Linus hätte man auch nicht viel falsch gemacht, aber ich weiß nicht, wie stark seine sehr junge Zielgruppe beim ESC-Publikum vertreten ist.
Die deutschen Fernsehzuschauer haben es dann für mich zum Glück herausgerissen und einen Sieg Makedas verhindert. Die Sisters müssen zwar noch viel üben, damit sie stimmlich besser harmonieren, aber der Song ist catchy, singen können sie beide (Laurita etwas besser), hübsch anzuschauen ist das Duo auch, und mal was anderes. Ich kann mit der Entscheidung gut leben, auch wenn mir persönlich Lilly Among Clouds in ihrer Verrücktheit noch besser gefallen hätte. Aber das passt schon!
Aus dem Studio raus, wieder an der Gerderobe direkt bedient worden, zu Tür raus und 10 Minuten später zuhause!