Fakt Nr. 1: Eine EU-Richtlinie ist kein unmittelbar geltendes Recht, sondern eine transnationale Vereinbarung, die in den jeweiligen Mitgliedsländern in Gesetzesform gebracht werden muss. Und die strittige Richtlinie, um die es hier geht, ist noch nicht einmal beschlossen. So, wie sie derzeit vorliegt, wird sie mit 99,9%-iger Wahrscheinlichkeit nicht gelten.This quote is hidden because you are ignoring this member. Show Quote
Fakt Nr. 2: Bevor eine EU-Richtlinie beschlossen wird, haben Tausende von Politikern und politischen Influencern daran gearbeitet und darauf Einfluss genommen. Genauso können NGOs auf den vorliegenden Entwurf mit ihren Protesten Einfluss nehmen. Ich finde es allerdings immer ein bisschen anmaßend, vom hohen moralischen Richterstuhl des engagierten Individuums aus darüber zu richten. Hier stehen divergierende Interessen gegeneinander, und die werden halt politisch verhandelt.
Fakt Nr. 3: Die Künstler, die jetzt den umstrittenen Artikel 13 befürworten, mussten in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten hinnehmen, dass sie kaum eine Handhabe gegen jegliche Formen illegalen Kopierens besaßen. Aus ihrer Sicht dürfte dieser Artikel 13 das realistisch gesehen beste sein, was sie derzeit erhoffen können. Etwas substanziell besseres würde wiederum Jahre, wenn nicht Jahrzehnte politischer Arbeit kosten.
Fakt Nr. 4: Der ebenfalls umstrittene, wenn auch weniger bekannte Artikel 12 soll eine jahrzehntelange Praxis legalisieren, die bis zu besagtem BGH-Urteil bestand und über Jahrzehnte nicht in Frage gestellt wurde. Dass man das als Rückschritt begreifen kann, verstehe ich. Genauso kann ich aber auch verstehen, dass die Verlage, die nach wie vor eine wichtige Funktion im Publikationsgeschäft ausüben, die derzeit geltende Praxis als schwere Belastung empfinden. Eine Rechtsänderung produziert fast immer Gewinner und Verlierer. Ich sehe aber nicht ein, dass die Verlage a priori Verlierer sein sollen.