Ich habe aus gegebenem Anlass neulich ein kleines Artikelchen zu Lenas Umgang mit männlichen Kandidaten bei The Voice Kids geschrieben, welches ich auch den Interessierten in diesem Forum nicht vorenthalten möchte.

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Fünf Staffeln von "The Voice Kids" hat Lena mittlerweile absolviert, und eine Sache zieht sich wie ein roter Faden durch all ihre Auftritte in der Show seit der allerersten Sendung: sie polarisiert. An dieser Stelle soll es gar nicht um die Vorwürfe von Kritikern und Hatern gehen, ihre tränenreichen Emotionsausbrüche seien nur gespielt und deshalb unaufrichtig (das ist schon deshalb ein seltsamer Vorwurf, da viele Dialoge in der Show ohnehin geskriptet sind), sondern um den in sozialen Medien oft zu lesenden Rat an weibliche Kandidaten, man solle unter gar keinen Umständen ins Team Lena gehen, da sie stets die Jungen bevorzugen würde, ganz egal wie gut die Mädchen sängen. Als "Beweis" dieser These dienen häufig, wie in Politik-Talkshows, spontan erfundene Prozentzahlen ("in 90% der Fälle!"), oder es werden irgendwelche Beispiele genannt, die für sich genommen natürlich keinerlei Beweiskraft besitzen. In der siebten Staffel dienten als Beispiele der Battle-Sieg von Thapelo gegen Eske und Luana oder die Finalnominierung von Dio und Thapelo gegen Lilo, Leonie und Nino. Auch wird erstaunlicherweise immer noch auf der Battle-Niederlage von Laura Kamhuber in der ersten Staffel herumgeritten, wo Laura gemeinsam mit einem anderen Mädchen (Luisa) gegen Laurin (das ist ein Jungenname) verlor, was Lena offenbar bis heute von einigen Leuten nachgetragen wird. Dass sie in den Battles desselben Jahres zugunsten eines kleinen Energiebündels namens Chelsea keinen Geringeren als Mike Singer eliminierte, wird dabei allerdings geflissentlich verschwiegen.

Ziel dieses Artikels ist es zu untersuchen, ob an der These etwas dran ist, Lena würde in ihren Entscheidungen tendenziell Jungs gegenüber Mädchen bevorzugen. Genauer gesagt wollen wir mit statistischen Methoden prüfen, ob sich Lena überzufällig oft für Jungen entscheidet. "Überzufällig" bedeutet, dass man nicht mehr davon ausgehen kann, dass eine bestimmte Häufung allein durch den Zufall erklärbar ist. Ein Beispiel: Wirft man dreimal eine Münze und sieht dreimal Zahl, dann kann das durchaus noch Zufall sein. Wirft man die Münze aber zehnmal und sieht jedes Mal Zahl, dann spricht einiges dafür, dass die Münze manipuliert wurde.

Es ist bekannt, dass sich jedes Jahr mehr Mädchen als Jungen bei The Voice Kids bewerben, sodass in den "Blind Auditions" der Mädchenanteil größer als der Jungenanteil ist. Es wäre also möglich, dass es eine Regieanweisung gibt, Jungen tendenziell zu bevorzugen, um zu verhindern, dass fast ausschließlich Mädchen im Finale stehen. Wenn dies so sein sollte, müsste sich eine etwaige Bevorzugung von Jungen auch bei anderen Coaches finden lassen. Wir wollen Lenas Entscheidungen deshalb mit den Entscheidungen eines anderen Coaches vergleichen. In Frage kommt dafür nur Mark Forster, der ebenfalls fünf Staffeln absolviert hat. Alle anderen Coaches waren bisher nur ein oder zwei Staffeln dabei, was keine ausreichende Grundlage für eine statistische Analyse darstellt.

Für das Studium der Coach-Entscheidungen stehen uns drei verschiedene Kategorien zur Verfügung: Zunächst wird in den "Battles" darüber entschieden, welche Kinder in die "Sing-offs" (auch als Halbfinale bezeichnet) einziehen. Anschließend trifft jeder Coach die Entscheidung, welche Kinder ins Finale kommen. Im Finale wiederum muss entschieden werden, welches Kind des jeweiligen Teams ins Zuschauer-Voting einzieht. Die "Blind Auditions" werden an dieser Stelle bewusst ausgeklammert, da man hierbei nur schwerlich von einer reinen Coach-Entscheidung sprechen kann: Es gibt Evidenz dafür, dass die Regie Einfluss darauf nimmt, ob sich ein Coach bei einem bestimmten Talent umdreht oder nicht. Anders wäre beispielsweise nur schwer zu erklären, dass am Ende der "Blind Auditions" jedes Team exakt die für die "Battles" notwendige Kinderanzahl erreicht. Außerdem trifft die letztendliche Entscheidung über die Teamzugehörigkeit, zumindest auf dem Papier, der jeweilige Kandidat oder die jeweilige Kandidatin, sofern sich mehrere Coaches umgedreht hatten.

Wir wollen annehmen, dass Jungen und Mädchen prinzipiell im Schnitt gleich gut singen können. Natürlich werden Gesangsleistungen subjektiv unterschiedlich bewertet, und man findet Einzelbeispiele für deutliche Leistungsunterschiede zwischen den Geschlechtern (z.B. bei konkreten Battle-Paarungen). Über alle Entscheidungsprozesse hinweg betrachtet sollten sich diese Unterschiede jedoch wieder ausgleichen, sodass die Annahme vernünftig erscheint.

Pro Staffel trifft jeder Coach nur eine einzige Entscheidung darüber, welche Kinder aus dem Halbfinale ins Finale einziehen bzw. welches Final-Kind ins Telefon-Voting kommt. Für alle fünf betrachteten Staffeln beträgt die Fallzahl somit jeweils nur fünf. Der Vergleich dieser fünf Fälle wird zusätzlich dadurch erschwert, dass die Art der Entscheidung über den Finaleinzug von Staffel zu Staffel verschieden ist: Während in der ersten Staffel zwei aus vier Kindern gewählt werden mussten, war in späteren Staffeln auch die Auswahl zwei aus sechs oder zwei aus fünf anzutreffen. In den Staffeln fünf und sechs verkompliziert der "Steal Deal" die Sache zusätzlich. Schließlich sind die Entscheidungen auch nicht unabhängig voneinander: Wenn ein Coach zum Beispiel mit zwei Jungen ins Finale geht, ist es für sich genommen kein Zeichen für Bevorzugung, wenn anschließend ein Junge ins Telefon-Voting einzieht. Es gab dann schlicht keine andere Wahl. Betrachtet man all diese Punkte, ist es am seriösesten, die Halbfinal- und Finalentscheidungen der Coaches lediglich zu beschreiben, ohne daraus konkrete Schlussfolgerungen abzuleiten. Anders sieht es für die Battles aus: Nehmen wir an, dass jedes Battle unabhängig von anderen Battles ist, erhalten wir über alle fünf Staffeln hinweg eine Fallzahl, die eine tiefere Analyse ermöglicht.

Betrachten wir zunächst nur die Entscheidungen, welches Final-Kind ins Telefon-Voting einzieht. Hier fällt auf, dass Lena in all ihren fünf Staffeln die letzte Phase der Show stets mit einem Jungen bestritt, obwohl sie bisher insgesamt 46 Mädchen und nur 27 Jungen gecoacht hat. In Staffel eins wählte sie Tim, in der zweiten Staffel folgte Richard, in der dritten gewann sie mit Noah-Levi, in der vierten entschied sie sich für Ridon, und nach ihrer zweijährigen Pause folgte in der siebten Staffel Thapelo. Allerdings hatte sie in den Staffeln drei, vier und sieben auch keine Wahl, da sie bereits ausschließlich mit Jungs ins Finale gegangen war. Bei Mark sieht die Sache heterogener aus: Seine Voting-Talente waren sowohl männlich als auch weiblich. In der dritten Staffel wählte er Zoë, in der vierten siegte er mit Lukas, in der fünften folgte Diana, in der sechsten gewann er mit Anisa, und in der siebten Staffel entschied er sich für Davit. Auch seine Entscheidungen selbst scheinen kein besonderes Muster aufzuweisen: Musste er sich in Staffel drei zwangsläufig für ein Mädchen entscheiden (er hatte die Wahl zwischen Zoë und Antonia), entschied er sich in den Staffeln vier und sieben bei der Wahl zwischen einem Jungen und einem Mädchen stets für den Jungen. In den Staffeln fünf und sechs hatte er, bedingt durch den "Steal Deal", die Wahl zwischen einem Jungen und zwei Mädchen. Hier entschied er sich stets für ein Mädchen. In seinen fünf Staffeln wählte er somit insgesamt zwei Jungen und drei Mädchen für das Telefon-Voting aus.

Sehen wir uns nun die Halbfinalentscheidungen an, welche erst den Grundstein für die späteren Finalentscheidungen legen. In den Situationen, in denen Lena mit einem Jungen und einem Mädchen ins Finale ging (Staffeln eins und zwei), hatte sie zuvor die Wahl aus zwei Jungen und zwei Mädchen (Halbfinale Staffel eins) sowie aus zwei Jungen und vier Mädchen (Halbfinale Staffel zwei), was für sich genommen jeweils keine Auffälligkeit darstellt. Interessanter sind die drei Staffeln, in denen sie mit zwei Jungs ins Finale ging (Staffeln drei, vier und sieben). In den Staffeln drei und vier hatte sie die Wahl zwischen drei Jungs und zwei Mädchen und entschied sich stets für zwei Jungen. In Staffel sieben kam es sogar zum statistisch seltenen "Extremfall": Aus zwei Jungen und drei Mädchen entschied sich Lena für die beiden Jungs (Dio und Thapelo), was bei dieser Geschlechterkombination im Schnitt nur in jeder zehnten Staffel passieren sollte. Marks Entscheidungen erscheinen auch hier ausgewogener: Bis auf Staffel drei, wo er sich bei zwei Jungen und drei Mädchen für zwei Mädchen entschied, ging er stets mit gemischten Geschlechtern ins Finale: Aus zwei Jungen und drei Mädchen (Staffel vier) sowie drei Jungen und zwei Mädchen (Staffel sieben) entschied er sich für einen Jungen und ein Mädchen. In den "Steal Deal"-Staffeln wählte er bei einem Jungen und vier Mädchen (Staffel fünf) bzw. bei drei Jungen und drei Mädchen (Staffel sechs) jeweils einen Jungen und zwei Mädchen fürs Finale aus.

Wir können bis hierhin festhalten, dass Lenas Entscheidungen (im Gegensatz zu Mark) teilweise den Eindruck erwecken, dass Jungen bevorzugt ausgewählt werden. Wie oben bereits dargelegt, handelt es sich hierbei aber nicht um statistisch abgesicherte Aussagen, da die untersuchten Fallzahlen jeweils zu gering sind. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, Lenas (und Marks) Entscheidungen in vergleichbaren Situationen mit deutlich größerer Fallzahl zu studieren. Dafür kommen nur die Battles in Frage, da es in jeder Staffel hiervon mehrere gibt.

Vor den Battles haben wir (über alle Staffeln) im Team Lena ein Geschlechterverhältnis Jungen zu Mädchen von 37% zu 63%. Nach den Battles (nur die 25 Sieger/innen) lautet das Verhältnis 48% zu 52%. Vor den Battles ist also nur ein Drittel männlich, nach den Battles ist das Verhältnis fifty-fifty. Marks Geschlechterverhältnis vor den Battles beträgt 41% Jungs zu 59% Mädchen. Hinterher beträgt das Verhältnis quasi unverändert 42% zu 58% (11 Jungs, 15 Mädchen).

In ihren 5 Staffeln hat Lena insgesamt 25 Battles gecoacht. Da in der zweiten Staffel zwei ihrer Battles aus nur zwei Kindern bestanden, hat sie also insgesamt 73 Kinder (46 Mädchen und 27 Jungen) betreut. Die 25 Battles verteilen sich auf folgende Geschlechterkombinationen (J=Junge, M=Mädchen): JJJ=2 Fälle, JJM=4 Fälle, JMM=12 Fälle, MMM=5 Fälle, sowie JM und MM jeweils mit einem Fall. Diese Verteilung ist statistisch fast identisch mit der erwarteten Verteilung bei rein zufälliger Zusammenstellung der Battles. Dies könnte man so interpretieren, dass Lena bei der Zusammenstellung ihrer Battles keine Geschlechterkombinationen gegenüber anderen bevorzugt. Eine tatsächliche Wahl zwischen verschiedenen Geschlechtern (JJM, JMM und JM) hatte Lena demnach in 17 Fällen. Bei Mark sieht es etwas anders aus: Bisher hat er insgesamt 78 Kinder gecoacht, davon 32 Jungen und 46 Mädchen. Alle Battles bestanden aus je 3 Kindern, also haben wir insgesamt 26 Battles. Diese verteilen sich auf folgende Geschlechterkombinationen: JJJ=5 Fälle, JJM=5 Fälle, JMM=7 Fälle und MMM=9 Fälle. Dies weicht viel deutlicher als bei Lena von der erwarteten Verteilung bei reiner Zufälligkeit ab, stellt aber noch keine statistische Signifikanz dar. Dennoch scheint es bei Mark den Trend hin zu geschlechtshomogenen Battles zu geben. Nur in 12 Battles hatte Mark tatsächlich eine Wahl zwischen Jungen und Mädchen (JJM bzw. JMM).

Um die Entscheidungen eines Coaches zu untersuchen, betrachten wir nur die Battles, in denen tatsächlich eine Entscheidung zwischen verschiedenen Geschlechtern zu treffen war. In allen anderen Fällen (JJJ, MMM, MM) wird zwangsläufig das erwartete Geschlecht gewählt, ohne dass der Coach daran etwas ändern könnte. Würde man diese Fälle einbeziehen, würde die Analyse der eigentlichen Entscheidungen verwässert: Durch die sicheren Ereignisse (0% männliche Sieger bei MMM, 100% männliche Sieger bei JJJ) wäre der Coach insgesamt näher an den erwarteten Ergebnissen, ohne dafür etwas geleistet zu haben. Nachteilig ist, dass durch den Teilausschluss nicht alle Battles zur Analyse genutzt werden (reduzierte Fallzahl).

In den 17 gemischtgeschlechtlichen Battles im Team Lena (JJM, JMM und JM) gewann in 10 Fällen ein Junge und in 7 Fällen ein Mädchen. Um die Frage zu beantworten, ob diese Beobachtung noch durch den Zufall erklärbar ist, müssen wir die Geschlechterkombinationen zunächst trennen. Bei JJM-Paarungen haben die Jungen eine Chance von etwa 67%, dass einer von ihnen gewinnt, bei JMM kommt der Junge hingegen nur mit einer Chance von etwa 33% weiter. Bei JM beträgt die Wahrscheinlichkeit 50%. Die Kombination JJM kam in Lenas Team bislang genau 4mal vor. Nur ein einziges Mal (siebte Staffel) konnte die "Henne im Korb" gewinnen. Die Kombination JMM trat 12mal auf, wobei der Junge in exakt der Hälfte der Fälle gegen die beiden Mädchen gewann. Das einzige JM-Battle gewann der Junge. Indem wir eine Mischverteilung konstruieren, die exakt die Gewichtung der einzelnen Kombinationen aufweist, können wir den erwarteten Anteil der siegreichen Jungen über alle 17 Battles hinweg ermitteln, falls Lenas Entscheidungen jeweils unabhängig vom Geschlecht wären. Dieser Anteil beträgt etwa 42%. Die Frage ist, ob der tatsächlich beobachtete Anteil siegreicher Jungen (10/17=59%) davon statistisch signifikant abweicht. Für die zugehörige Binomialverteilung können wir uns das 95%-Konfidenzintervall berechnen, welches sich zu [33%; 82%] ergibt. Da die 42% im Intervall liegen, schlussfolgern wir, dass Lenas Entscheidungen in gemischtgeschlechtlichen Battles noch durch den Zufall erklärt werden können. Da wir uns dem linken Rand des Intervalls nähern, scheint es in den Daten allerdings einen Trend hin zu einer systematischen Bevorzugung der Jungen zu geben. Vor allem in Battles zusammen mit zwei Jungen ist man als Mädchen bei Lena so gut wie chancenlos. Das gleiche gilt, wie oben beschrieben, fürs Erreichen des Telefon-Votings.

In Marks zwölf gemischtgeschlechtlichen Battles gab es 6 männliche und 6 weibliche Sieger/innen. Aufgeteilt auf die einzelnen Fälle sieht es wie folgt aus: Aus den 5 JJM-Battles ging 2mal ein Junge als Sieger hervor, in den 7 JMM-Battles gewann das männliche Talent 4mal. Entsprechend gewichtet erwarten wir in den 12 betrachteten Battles einen Anteil männlicher Sieger von 47%. Dies stellt zu den real beobachteten 6/12=50% keinen nennenswerten Unterschied dar. Das bedeutet, dass Mark bei seinen Entscheidungen offensichtlich keine Geschlechtspräferenz besitzt.

Fassen wir zusammen: Lena scheint in der Tat eine leichte Präferenz für Jungen zu haben, auch wenn die Abweichungen von der Situation ohne Bevorzugungen statistisch nicht signifikant sind. Vielleicht ließe sich nach Analyse der achten (Lenas sechsten) Staffel eine klarere Aussage treffen, da hierdurch unter anderem die Battle-Fallzahl erhöht werden würde. Bedingung ist natürlich, dass Lena an Staffel acht überhaupt teilnimmt. Bei Vergleichscoach Mark findet sich dagegen kein Trend zur Bevorzugung eines Geschlechts. Er scheint aber eine Vorliebe für reine Jungs- und reine Mädchen-Trielle zu haben.