Danke für Dein schönes Posting, @Karoshi.
Auch wenn ich (bis auf Fight Club) wohl eher andere Vergleichsbeispiele wählen würde, finde ich mich in Deiner Beschreibung des "Impacts" von 2010 sehr gut wieder. Und auch wenn das lange her ist und der emotionale und mentale Ausnahmezustand nicht wiederherstellbar und nicht wiederholbar – ich muss mir nur irgendeinen Videoschnipsel aus der Anfangszeit anschauen, um sofort wieder nachvollziehen zu können, was mich damals so fasziniert hat.
Das mit dem hellen Schein würde ich ein wenig anders sehen. Es war m.E. kein schüchternes Sich-selbst-Ausprobieren – ich glaube, sie war ganz einfach so, wie sie war. Was einem damals so in den Bann schlug, was sie so leuchten ließ, war ihre absolute Unbefangenheit – unbefangen in einem Ausmaß, wie man es ganz selten erlebt, es hob sie von ihrem Umfeld völlig ab und war absolut entwaffnend. Man schaue sich nur nochmal ihren ESC-Auftritt an, wie sie zwischen erstem Refrain und zweiter Strophe kurz mit dem Publikum flirtet, von @gauloises damals unvergesslich in Worte gefasst.This quote is hidden because you are ignoring this member. Show Quote
Dass und warum so eine Unbefangenheit nicht ewig halten kann, dazu ist hier damals in vielen Threads viel Kluges geschrieben worden, das will ich nicht wieder aufgreifen, dazu bin ich aus der "Lenalyse" auch zu weit draußen. Aber was ich doch bemerkenswert finde und was die Lyrics von Loyal to Myself in der Tat so "komisch" macht: Was sie da singt, ist ja nichts Neues. Wenn man es eindampft auf den Satz "Ich habe mich eine Weile selbst verloren, aber jetzt habe ich mich wieder gefunden", dann ist das eine Erzählung, die man seit 2012 immer wieder von ihr gehört hat, fast so etwas wie ein "Default-Modus". Schon in der Promophase des Stardust-Albums äußerte sie sich ähnlich, und die ganze Entstehungsgeschichte von Only Love, L ist darum gebaut. Vielleicht waren die strahlende Anfangszeit und die schwierige Zeit danach wirklich so wirkmächtig, dass sie immer eine Art Fluchtpunkt ihrer Selbstwahrnehmung bleiben werden.
Das muss man auch nicht so ernst nehmen. Künstler tendieren allgemein dazu, von ihrem jeweils neuesten Werk in Superlativen zu sprechen. Deshalb sind Interviews mit Musikern über ihr neues Album oft so öde – sie erzählen meist, warum gerade das ihr bisher definitiv bestes geworden sei. Aus dem Überschwang des Moments ist das erklärbar und verständlich, hat nur meist wenig Erkenntnisgewinn. Und für Lena ist Loyal to Myself nun eben gerade "ihr persönlichster Song". Wenn man sie fragen würde: "Wirklich persönlicher als If I Wasn't Your Daughter und Home?", ich glaube nicht, dass sie dann diese beiden Songs herabsetzen würde.This quote is hidden because you are ignoring this member. Show Quote
Wie gefällt mir das Stück? Durchaus besser als die ganzen letzten Singles. Aber richtig begeistern kann ich mich dafür trotzdem nicht. Was ich mich frage, ist: Wäre Lena nach den ESC-Jahren statt mit dem Stardust-Album mit Musik wie dieser wieder auf der Bildfläche erschienen, wie hätte ich das damals gefunden? Sehr wahrscheinlich wäre ich – euphorisiert, wie ich damals noch war – stärker darauf angesprungen, als ich es heute tue. Aber ich kann mir schwer vorstellen, dass ich davon ähnlich begeistert gewesen wäre wie etwa von Neon. Nun könnte man sagen, die guten Albumtracks kommen vielleicht erst noch, aber das Problem ist (zum Glück ist es nur mein Problem), das mir die ganze Stilrichtung nicht so zusagt. Das ist aber tatsächlich eine schnöde Geschmacksfrage und hat eher wenig mit verlorener Faszination zu tun.