
Zitat von
bates
Aus der Wortwahl trieft der gleiche Geist, den Peter Paul Benz neulich so auf den Punkt brachte: "Der NDR geht an den ESC wie eine Behörde an ein Problem." Man liest den Satz, und man hört einen Beamten sprechen. Man stelle sich das aus dem Mund von Stefan Raab vor - undenkbar. Mit der Haltung wird das nix, völlig egal, ob man zuerst den Interpreten oder den Song sucht.
Das Kopfzerbrechen, ob "der Interpret" oder "der Song" oder "die Inszenierung" "am wichtigsten" ist, verrät schon das ganze bürokratische Denken. Der ESC ist eine Fernsehshow. Er ist kein "Songwettbewerb, der außerdem auch noch im Fernsehen ausgestrahlt wird", sondern die Ausstrahlung im Fernsehen ist der Daseinszweck des Ganzen. Den Wettbewerb gewinnt, wer es schafft, in drei Minuten die beste Fernsehunterhaltung zu bieten. In diesen drei Minuten sind Song, Interpret und Inszenierung eine unauflösliche Einheit; völlig müßig, das gegeneinander abzuwägen, es muss alles drei geil sein, und es muss alles drei zusammen geil sein. Raab kann beim ESC deshalb so eine Erfolgsbilanz aufweisen, weil er das genau weiß, und dass er dafür ein gutes Auge und ein gutes Ohr hatte, lag einfach daran, dass er sowohl leidenschaftlicher Fernsehmacher wie leidenschaftlicher Musiker und Musik-Fan ist.
Und dann konnte er natürlich auch andere Leute mit seiner Begeisterung anstecken. Das ist viel wichtiger als die Frage, wie man den Ablauf dieses Vorentscheids nun genau organisiert, so viele Möglichkeiten gibt es da auch gar nicht. Man muss eine Stimmung erzeugen, die Leute, die was draufhaben, anzieht (so ähnlich hat Raab das ja auch tatsächlich vor USFO formuliert).
Das alles garantiert natürlich noch kein gutes Abschneiden und erst recht keinen Sieg, schafft aber die ersten Voraussetzungen dafür. Sonst wird der deutsche ESC-Beitrag die gleiche freudlose Angelegenheit bleiben wie in den letzten Jahren, völlig egal, was man "zuerst sucht".